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Lutz Hoffmann

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Kreistages Gütersloh, einen musealen Ergänzungsbau neben dem Böckstiegel-Haus in Arrode zu errichten

Thesen

I.    Die jetzige Planung weicht erheblich von dem Konzept ab, das der Stiftungsgründung im Jahr 2008 zugrunde lag.

II.   Das Vorhaben eines oberirdischen Museumsbaus neben dem Böckstiegel-Haus zerstört das, was zur Begründung dieses Standortes genannt wird, und kann sich nicht auf den Willen der Böckstiegel-Erben berufen.

III.  Ein Museumsbau ist unter der Auflage im Erbschaftsvertrag, er müsse sich dem Stil des PAB-Hauses anpassen, von einer seriösen Architektur nicht zu realisieren.

IV.   Es gibt keine stichhaltige Begründung für die unmittelbare Nähe des Museums zum Böckstiegel-Haus.

V.    Für einen Standort beim Böckstiegel-Haus fehlt die für ein Museum unabdingbare Infrastruktur (Straßen, Parkplätze, ÖPNV, Gastronomie).

VI.   Den Museumsplänen mangelt derzeit jede Verankerung in der Bevölkerung von Werther, ohne die das Museum nicht erfolgreich betrieben werden kann.

VII.  Ein Museum in der Abgeschiedenheit von Arrode wird nicht die hohen Besucherzahlen erreichen, die aus wirtschaftlichen Gründen unerlässlich sind.

VIII. Der Hof Overbeck ist die bessere Alternative.

Diese Thesen werden auf den nachfolgenden Seiten ausführlich begründet.

 

I. Die Beschlussvorlage des Landrats vom 15.11.2013 erweckt den Eindruck, als setze man unverändert die seit 2007 entwickelten Planungen fort. Tatsächlich aber weicht die jetzige Planung in zentralen Punkten von dem Konzept ab, das der Stiftungsgründung im Jahr 2008 zugrunde lag.

Die Gründung der Böckstiegel-Stiftung geschah am 18.12. 2008 auf der Grundlage folgender, in einer Machbarkeitsstudie von Prof. Spital-Frenking formulierter Zielvorstellungen:

  • Das Museum wird in unmittelbarer Nachbarschaft des PAB-Hauses in Werther-Arrode errichtet.
  • Das Museum wird unter die Erde verlegt, um das Landschaftsbild rund um das PAB-Hauses nicht zu beeinträchtigen.
  • Das Museum wird 9 Millionen € kosten.
  • Das Museum wird ohne Kasse, Garderobe, Café und Sanitäreinrichtungen 500 m2 umfassen.
  • Das Museum wird jährlich 60. bis 80.000 Besucher haben.

Wie aus der Machbarkeitsstudie und der auf sie folgenden Beratung im Kreistag hervorgeht, waren diese Ziele eng aufeinander bezogen und voneinander abhängig. Auch wenn man den Sinn und die Richtigkeit des einen oder anderen Zieles bezweifeln mag, bildeten diese Ziele doch miteinander ein schlüssiges Gesamtkonzept.

In der aktuellen Beschlussvorlage des Landrates wird nur noch an zweien dieser Ziele unverändert festgehalten, während in den übrigen Kategorien andere Vorgaben gemacht werden. Man vermisst jede kritische Auseinandersetzung mit den aufgegebenen Zielen, aus der sich die veränderten Vorgaben herleiten ließen. Auch andere Begründungen für die jetzigen Zielsetzungen werden nicht genannt.

Die Kosten sollen sich nur noch auf maximal 2 Millionen € belaufen. Wie diese Summe zustande kommt, wird mit keinem Wort erläutert. Die Machbarkeitsstudie von 2007 hatte allein für die „technische Gebäudeausrüstung“ 2.300.000 € und für „Museumseinrichtungen“ 1.400.000 € veranschlagt. Schon für diese beiden Gewerke war also eine nahezu doppelt so hohe Summe vorgesehen, wie sie heute für das Gebäude insgesamt genannt wird. Dabei hätte sich aus dem ( nicht weiter begründeten) Verzicht auf eine unterirdische Anlage des Museums nur eine Einsparung der Kosten für „Erd- und Rohbauarbeiten“ in Höhe von 1.900.000 € ergeben dürfen. Man darf daher wohl annehmen, dass die heutige Summe nicht aus den erforderlichen Aufwendungen für das geplante Gebäude errechnet worden ist, sondern sich aus haushaltspolitischen Restriktionen ergibt.

Was im übrigen völlig fehlt, ist eine Aufschlüsselung der Betriebskosten. In der Machbarkeitsstudie waren diese detailliert aufgelistet und mit 158.500 € veranschlagt worden. Nunmehr ist nur vom einem Zuschuss zu den Betriebskosten in Höhe von 125.000 € die Rede, die „u.a. auch Personalkosten für eine kaufmännische Leitung im Umfang von bis zu einer halben Stelle“ enthalten sollen, ohne zu kalkulieren, welche Betriebskosten insgesamt anfallen (z.B. für die Instandhaltung des Gebäudes) und wie diese über den Zuschuss hinaus aufgebracht werden sollen.

Angesichts der deutlich geringeren Investitionen hätte man erwartet, dass auch die geplante Fläche des Museums entsprechend reduziert worden wäre. Aber eben dies ist nicht geschehen. Ging die Machbarkeitsstudie noch von 500 m2 ohne Kasse, Garderobe, Café und Sanitäranlagen aus, so wird jetzt eine Bruttogeschossfläche von 620 m2 angestrebt. Die Größe des Museums ist also eine der beiden Zielvorstellungen, die nahezu unverändert beibehalten worden sind, ohne dass irgendein Wort darüber verloren wird, wie das mit den veranschlagten Mitteln erreicht werden kann.

Eine gravierende Veränderung hat dagegen die Zahl der erwarteten Besucher erfahren. Die 2007 noch genannten 60. bis 80.000 jährlichen Besuchern werden nicht mehr erwähnt. Statt dessen wird jetzt von 20.000 Besuchern im Laufe eines Jahres ausgegangen. Das Verhältnis der älteren zu den heutigen Besucherzahlen ist ähnlich wie das der damaligen und aktuellen Baukosten. Es wird jedoch nicht begründet, wieso sich niedrigere Baukosten bei gleichgebliebener Museumsfläche entsprechend auf die Besucherzahlen auswirken sollen.

Die entscheidende unveränderte Zielvorstellung ist die Lage des Museums. Dieses soll in unmittelbarer Nähe zum Böckstiegel-Haus errichtet werden. Schon in der Machbarkeitsstudie von 2007 war dies eine nicht mehr hinterfragte Prämisse. Allerdings führte sie damals noch zwingend zu der anderen Zielsetzung, dass das Museum nämlich mit Rücksicht auf die „authentische Umgebung“ unter die Erde verlegt und damit den Blicken entzogen werden müsse. Diese Konsequenz ist bei den neuen Planungen kommentarlos unter den Tisch gefallen. Man will jetzt ein oberirdisches Gebäude errichten. Man entkoppelt also den bisher als unabdingbar angesehenen Zusammenhang zwischen der Lage des Museums und seiner unterirdischen Anlage, ohne gleichzeitig zu problematisieren, ob man dann überhaupt noch an der Prämisse festhalten darf, das Museum neben dem Böckstiegel-Haus zu errichten.

War die Machbarkeitstudie noch von einer wechselseitigen Abhängigkeit ihrer einzelnen Ziele ausgegangen, so ist in der neuen Beschlussvorlage nicht mehr erkennbar, wie sie sich gegenseitig bedingen könnten. Die beiden weiterhin festgehaltenen Ziele sind mit den nunmehr veränderten Zielen nicht mehr in Einklang zu bringen. Man gewinnt den Eindruck, dass es ausschließlich haushaltspolitische Restriktionen sind, die auf die alten Pläne übertragen werden, ohne aber ein in sich stringentes neues Konzept zu entwickeln.

Offensichtlich ist die Beschlussvorlage in aller Eile verwaltungsintern mit heißer Nadel zusammengestrickt worden, ohne Fachleute (wie Museologen, Architekten, Verkehrs- und Raumplaner) hinzuzuziehen. Es ging nur darum, die Diskussion zu unterdrücken, die in Werther aufgeflammt ist, seitdem der Hof Overbeck als PAB-Museum ins Gespräch gebracht wurde. Wie die abschließende Feststellung:

„Ziel der weiteren Planungen ist es, mit dem Bau des Ergänzungsbaus im Jahr 2016 zu beginnen“,

verrät, soll erst einmal wieder Ruhe einkehren und die Angelegenheit auf spätere Jahre vertagt werden.

 

II. Das Vorhaben eines oberirdischen Museumsbaus neben dem Böckstiegel-Haus zerstört das, was zur Begründung dieses Standortes genannt wird, und kann sich nicht auf den Willen der Böckstiegel-Erben berufen.

Im "Beschlussvorschlag des Kreises Gütersloh zur Errichtung eines ergänzenden Museumsbaus durch die Peter-August-Böckstiegel-Stiftung vom 15.11.2013" wird aus dem Leitbild, das der wissenschaftliche Beirat nach Gründung der Stiftung formuliert hat, folgende Festlegung zitiert:

"Eine enge räumliche Beziehung zwischen dem Böckstiegel-Haus und dem Neubau ist unverzichtbar, um das Leben und künstlerische Schaffen Böckstiegels auf einmalige Art und Weise in authentischer Umgebung präsentieren zu können."

Die keinen Widerspruch duldende Diktion "unverzichtbar", "auf einmalige Art und Weise" erinnert an die Verkündung eines Dogmas. Ein kategorischer Imperativ verbietet jede kritische Nachfrage und lässt keinen Spielraum für eine Diskussion. Folglich bedarf es auch keiner Begründung für die Unverzichtbarkeit einer engen räumlichen Beziehung.

Es ist zweifellos richtig, dass das Böckstiegel-Haus und seine landschaftliche Lage eine "authentische Umgebung" für die Werke des Künstlers bilden. Das war schon von Prof. Spital-Frenking in seiner Machbarkeitsstudie von 2007 so gesehen worden. Mit emphatischen Worten schreibt er:

"Fasziniert, mit unbeschreiblichem Erstaunen erlebt man das Haus im Detail von außen und im Besonderen von Innen. Diese Haus ist geprägt von Kunst, und Peter August Böckstiegel und sein Werk vermitteln sich auf eine so intensive Weise, wie man sie nur ganz selten erfahren kann.

Die Erfahrung der Besonderheit und Einmaligkeit dieses Ortes hat sehr schnell zu der Erkenntnis geführt, dass eine Präsentation des Werkes und der Person Peter August Böckstiegels ihren Platz an diesem Ort finden sollte."

Daher verwarf Prof. Spital-Frenking andere Orte wie beispielsweise das Haus Werther als Standort eines Böckstiegel-Museums.

Bei der Erörterung seiner Machbarkeitsstudie in der 15. Sitzung des Kreistages des Kreises Gütersloh am 18.06.2007 betonte er erneut,

"dass die Besonderheit des Ortes in dem Bezug zwischen dem Wohnhaus und der ländlich geprägten Umgebung liege, welche in den Werken Böckstiegels wieder zu erkennen sei".

Andererseits warnte er nachdrücklich davor, neben dem Böckstiegel-Haus ein Museum zu errichten:

"Das Böckstiegel-Haus würde neben einem großen Museumsgebäude nicht mehr auffallen und die besondere Atmosphäre des Ortes zerstört."

Schon in der vorangehenden Machbarkeitsstudie hatte es geheißen:

"Der landschaftliche Bezug des Wohnhauses zu seiner Umgebung ist so prägnant und findet sich auch in den Bildern von Böckstiegel gleichsam unverändert wieder, dass wir der Meinung sind, dass sich in diesem Kontext ein großer, wahrscheinlich dominierender Neubau in direkter Nähe zum bestehenden Wohnhaus verbietet."(S. 6)

Die einzige Möglichkeit, die Werke des Künstlers in der "authentischen Umgebung" zu präsentieren, sah Prof. Spital-Frenking darin, das Museum unter die Erde zu verlegen, weil nur so diese Umgebung erhalten werden könne.

"Zwar sei es möglich, einen Neubau neben dem bestehenden Wohnhaus zu errichten, diesem fehle aber die Authentizität."

Mit der Authentizität, die dem Neubau fehlen würde, dürfte die des Böckstiegel-Hauses gemeint sein. Damit wird deutlich gemacht, dass ein solcher oberirdischer Neubau "die authentische Umgebung" zunichte machen würde.

Auch die eingangs zitierte Festlegung des wissenschaftlichen Beirats war unter der Voraussetzung eines unterirdischen Museums formuliert worden. Es ist daher unzulässig, sie nunmehr kommentarlos auf einen oberirdischen, von Prof. Spital-Frenking vehement abgelehnten Ergänzungsbau zu übertragen.

Auch wenn ein unterirdischer Museumsbau mittlerweile vor allem aus Kostengründen stillschweigend (aber offensichtlich ohne die alten Beschlüsse ausdrücklich aufzuheben) aufgegeben worden ist, haben die dafür maßgebenden Argumente gegen einen oberirdischen Museumsbau nichts von ihrer Gültigkeit verloren.

Das Böckstiegel-Haus liegt in die Spitze eines unregelmäßigen Dreiecks, dessen Schenkel von Baumreihen markiert werden, während der vorbeilaufende Weg seine Basis bildet. Das auf das Böckstiegel-Haus zulaufende Dreieck ist z.Zt. teilweise eine offene Ackerfläche, teilweise eine Streuobstwiese. Aus diesem Dreieck erhebt sich in seiner Spitze lediglich leicht geduckt das Böckstiegel-Haus. Diese Lage erweckt den Eindruck einer gewissen Zurückgezogenheit in der offenen Landschaft. Würde man in dieses Dreieck ein weiteres, noch dazu deutlich größeres Gebäude platzieren, so brächte dies das Böckstiegel-Haus um seine jetzige Wirkung.

Es bleibt daher der Widerspruch: Ein Museumsbau in der Nachbarschaft des Böckstiegel-Hauses zerstört die besondere Atmosphäre des Ortes und würde die Gründe zunichte machen, weswegen er dort gebaut werden soll. Die Realisierung des heutigen Konzeptes des Kreises würde dazu führen, dass dessen eigenen Voraussetzungen die Grundlage entzogen wird.

Auch mit dem Denkmalschutz, dem das Haus seit 2009 unterliegt, wäre ein solches Bauwerk nicht zu vereinbaren. Dieser erfasst nicht nur das Gebäude, sondern auch seine Einbettung in die Umgebung. Denn nach § 9 des Denkmalschutzgesetzes von NRW bedarf der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde, "wer in der engeren Umgebung von Baudenkmälern …Anlagen errichten … will, wenn hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird." Es mag ja sein, dass die Stadt Werther als Untere Denkmalbehörde diese Erlaubnis erteilen könnte. Obwohl es konsequenter wäre, das Böckstiegel-Haus dann der Liste der denkmalgeschützten Objekte in Werther zu streichen.

Der Kreis kann sich mit seinen heutigen Plänen auch nicht auf den Willen der Erben von PAB berufen. Gegen einen oberirdischen Museumsbau hatte schon Prof. Spital-Frenking seinerzeit eingewandt, dass

"dies dort nicht angebracht und von Herrn Vincent Böckstiegel auch nicht gewünscht worden sei."

Da Prof. Spital-Frenking oder doch zumindest ein Kollege aus seinem Büro noch zu dessen Lebzeiten Gespräche mit Vincent Böckstiegel geführt hatten, bei denen auch Herr Kuhlbusch zugegen war, wird man die Glaubwürdigkeit dieser Aussage nicht bezweifeln können.

Herr Kuhlbusch hat zwar in einer Mitteilung vom 22.05.2008 festgehalten:

"Nachdem die Machbarkeitsstudie Ende 2006 in Auftrag gegeben wurde, haben sowohl der Gutachter, Herr Kahlert, als auch ich in den Monaten Jan. und Februar 2007 mit Vincent Böckstiegel ausführlich über die Ergebnisse gesprochen. Dabei hat sich Vincent Böckstiegel mir gegenüber ‚sehr erleichtert’ gezeigt, dass die Studie zu dem klaren Vorschlag kam, einen Erweiterungsbau in unmittelbarer Nähe zum Böckstiegel-Haus zu errichten."

Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, bezieht sich die "Erleichterung" von Vincent Böckstiegel eindeutig auf den Bau eines unterirdischen Museums. Keinesfalls kann man daher aus diesem Satz eine Zustimmung von Vincent Böckstiegel zu einem nunmehr vorgesehenen oberirdischen Museumsbau in der Nähe des Böckstiegel-Hauses herauslesen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass in der Vergangenheit von keiner Seite behauptet worden ist, dass sich ein oberirdischer Museumsbau mit der "authentischen Umgebung" des Böckstiegelhauses vereinbaren lassen würde. Erst die jetzige Kreisvorlage setzt sich über den Willen von Vincent Böckstiegel und über das Urteil von Fachleuten (Prof. Spital-Frenking, Wissenschaftler Beirat) hinweg, wenn sie fahrlässig von dieser Vereinbarkeit ausgeht und in manipulierender Absicht suggeriert, sich dabei im Einklang mit früheren Argumenten zu befinden.

 

III. Ein Museumsbau ist unter der Auflage im Erbschaftsvertrag, er müsse sich dem Stil des PAB-Hauses anpassen, architektonisch nicht zu realisieren.

Im am 24.08.1992 geschlossenen und notariell beglaubigten Erbschaftsvertrag zwischen Sonja und Vincent Böckstiegel einerseits und dem Kreis Gütersloh in Person des damaligen Kreisdirektors Günter Kozlowski andererseits haben erstere im Abschnitt III. unter anderem verfügt:

"Sollte der Rechtsnachfolger im Eigentum der Grundstücke … zum Zwecke der Präsentation des künstlerischen Nachlasses … einen Erweiterungsbau auf diesem Grundstück errichten, dann muß dieser Bau dem Stil des jetzigen Böckstiegel-Hauses angepaßt sein."

Diese Regelung wird in einer zweiten notariell beglaubigten Vereinbarung zwischen den Genannten im Abschnitt V. wörtlich wiederholt, stellt daher für den Kreis eine bindende Verpflichtung dar..

Damit wird unmissverständlich der ästhetische und architektonische Vorrang des Böckstiegel-Hauses gegenüber einem Museumsbau festgestellt. Die Formulierung "dem Stil des jetzigen Böckstiegel-Hauses angepasst" ist die denkbar strengste Festlegung. Stände dort "stilistisch angepasst", so bliebe einem kreativen Architekten noch ein weiter Gestaltungsspielraum. Auch ein gewollter Kontrast wäre noch eine stilistische Anpassung. Man könnte z.B. an ein Flachdach denken, das stilistisch mit dem Satteldach des Böckstiegel-Hauses korrespondiert. Aber die Diktion des Erbschaftsvertrages verwehrt dem Architekten jede Eigenwilligkeit. Er wird festgelegt auf die Stilelemente der Vorlage, die er nur mehr kopierend zu übernehmen hat.

Das Haus ist ein im Laufe der Jahre mehrfach um- und ausgebauter Kotten. Es hat insbesondere folgende Stilelemente, die seine Eigentümlichkeit ausmachen:

  • Satteldach, auf der Südseite abgeschleppt.
  • Balkenwerk zur Stützung des abgeschleppten Daches mit dekorativen Kopfbändern.
  • Anthrazitfarbene Dachpfannen.
  • Blaue Windbretter.
  • Eine Schleppgaube mit niedrigen Fenstern in der weit ausladenden Dachhaut.
  • Fachwerk.
  • Rote Fassade.
  • Weiße Sprossenfenster.
  • Blaues zweiflügeliges Tor (vielleicht an Stelle des ursprünglichen Deelentores) mit bis zum Erdboden reichenden Sprossenfenstern.

Teilweise (z.B. Fachwerk, Dachform, Windbretter) sind das Elemente, wie sie traditionell in den Kötterhäusern des Ravensberger Landes zu finden sind. Teilweise (z.B. anthrazitfarbene Dachziegel, Schleppgaube) sind sie das Resultat späterer Renovierungen und Ausbauten, die deutlich die begrenzten Geldmittel erkennen lassen. Und teilweise (vor allem die Farbgebung, aber wohl auch das Balkenwerk zur Stützung des abgeschleppten Daches) sind dies eigene Schöpfungen von PAB.

Diese Stilelemente dokumentieren die historischen Phasen der Entwicklung des heutigen Gebäudes. Es ist unvorstellbar, wie sie von einem neuen Gebäude aufgegriffen werden sollen, das am Reißbrett entworfen und aus einem Guss errichtet wird. Außerdem stehen sie in einer engen Wechselwirkung mit den Proportionen des Hauses. Sie unterstreichen in ihrer Kleinteiligkeit seine Geducktheit und Bescheidenheit. Sie würden diese Funktion verlieren, wenn sie auf einen modernen Museumsbau übertragen werden, dessen Volumen etwa das Fünffache des Vorbildes ausmachen soll, und dort nur noch albern wirken.

Die Autoren der Machbarkeitsstudie waren sich dieser Unmöglichkeiten durchaus bewusst. Sie hatten das aus der zitierten Auflage im Erbschaftsvertrag resultierende Problem dadurch gelöst, dass sie das Museum einfach unsichtbar machen, indem sie es unter die Erde verlegen wollten. Als daher Prof. Spital-Frenking in der Sitzung des Kreistags am 18.06.2007 von der CDU-Fraktion auf die zitierte Auflage im Erbschaftsvertrag angesprochen wurde, betonte er,

"dass diese Voraussetzung am ehesten durch den unterirdischen Ausstellungsraum erfüllt werde, da hierdurch das Ambiente des Wohnhauses nicht gestört werde."

Von dieser Idee hat sich der Kreis jedoch allein schon aus Kostengründen schon vor Jahren verabschiedet.

Der mittlerweile ausschließlich favorisierte überirdischer Neubau konfrontiert jeden Architekten mit Anforderungen, die seinem Berufsethos widersprechen müssen. Auf einem Entwurf, der den beschriebenen Anforderungen gerecht werden wollte, läge ein Hauch von Disney-Land. Lösen ließe sich das Problem daher nur, wenn man von dem Plan Abstand nähme, einen musealen Ergänzungsbau neben das Böckstiegel-Haus zu rücken.

 

IV. Es gibt keine wirklich stichhaltige Begründung für die unmittelbare Nähe des Museums zum Böckstiegel-Haus.

In der Beschlussvorlage vom 15.11.2013 wird zum wiederholten Mal daran erinnert, dass seit 2007 darüber Konsens besteht, für die Präsentation der Werke von PAB

"zusätzliche Räumlichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Böckstiegel-Haus"

zu schaffen. Es lag wohl an diesem Konsens, dass keine Bemühungen bekannt sind, diese "unmittelbare Nähe" ausführlicher zu begründen. Sie wurde bisher einfach als „unverzichtbar“ immer schon vorausgesetzt.

Diese Prämisse führte seinerzeit zu dem Plan, einen unterirdischen Museumsbau zu errichten. Wie Prof. Spital-Frenking am 18.06.2007 im Kreistag darlegte, habe das

"den besonderen Vorteil, dass das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt werde. Dadurch werde optimal die landschaftliche Umgebung des Hauses, welche das Leben und das Gestalten des Künstlers beeinflusst habe, mit den ausgestellten Werken verknüpft."

Nachdem sich nunmehr der Kreis und die Stiftung von diesem "besonderen Vorteil" verabschiedet haben, ist es an der Zeit, die Prämisse auf den Prüfstand zu holen. Denn sie wird jetzt damit bezahlt werden müssen, dass keineswegs das "Landschaftsbild nicht beeinträchtigt" wird. Die "landschaftliche Umgebung des Hauses" wird nämlich jetzt nicht mehr unmittelbar mit den "ausgestellten Werken verknüpft", sondern erst durch einen Museumsbau hergestellt, der in seinem Volumen das Böckstiegel-Haus weit übertrifft und daher in seinen Schatten stellt.

Es besteht kein Zweifel, dass das Umfeld des Böckstiegelhauses vielfach in den Werken des Künstlers zur Darstellung kommt. Aber PAB war eigentlich kein ausgesprochener Landschaftsmaler. Vielmehr diente ihm die Landschaft als Hintergrund zur Darstellung des bäuerlichen Lebens und Schaffens und der bäuerlichen Gesichter seiner Zeit. Eben dieses Leben und Schaffen und die von ihm geprägten Gesichter begegnen aber einem heutigen Besucher von Arrode längst nicht mehr. Wollte man eine solche Begegnung als unverzichtbar für das Verständnis der Werke des Künstlers ansehen, so wäre seine Arbeiten vielleicht besser im Bauernhausmuseum von Bielefeld oder Detmold aufgehoben.

Indirekt steckt in der Behauptung einer solchen Unverzichtbarkeit eine gewisse Geringschätzung der künstlerischen Leistung von PAB. Sein Bestreben, in seinen Werken die Empfindungen und Eindrücke zu vermitteln, die das Bauernleben in Arrode bei ihm hervorriefen, wäre ihm nur unvollkommen gelungen, wenn sich dies nicht schon beim Betrachten seiner Werke erschließen würde, sondern dazu erst noch der ergänzende Blick in die Landschaft nötig wäre.

Generell wird man bei jedem Kunstwerk zu unterscheiden haben zwischen seinem Entstehungszusammenhang und seiner öffentlichen Präsentation. Natürlich sucht jeder Künstler ein weite Beachtung seiner Werke. Dazu müssen sie zwangsläufig aus dem eher engen, vertraulichen und privaten Rahmen seiner Entstehung gelöst werden, der öffentlich nur begrenzt zugänglich sein kann. Sonst wäre es niemals möglich, Kunstwerke überhaupt überregional in Museen und Ausstellungen zu präsentieren.

Zweifellos ist das Böckstiegel-Haus ein Kleinod ersten Ranges und ebenso zweifellos ist dieses Kleinod markant in die umgebende Landschaft eingefügt. Dies wird immer ein besonderer Aspekt bei der Würdigung der Werke und des Lebens von PAB sein. Aber aus diesem Aspekt ergibt sich nicht zwingend, dass seine Werke nur im Kontext des Böckstiegel-Hauses öffentlich präsentiert werden dürfen. Denn die Voraussetzung und Ziele einer öffentlichen Präsentation von Kunstwerken sind andere als die des Aufspürens ihres Entstehungszusammenhangs. Die öffentliche Präsentation soll möglichst viele Menschen erreichen, während die vertiefende Begegnung mit der Wirkstätte des Künstlers denen vorbehalten bleibt, die durch die öffentliche Präsentation erst angeregt werden, sich eingehender mit dem Künstler zu beschäftigen.

Es stand für Prof. Spital-Frenking außer Frage, dass selbst bei räumlicher Nähe nur eine Minderheit der Museumsbesucher auch Zugang zum Böckstiegel-Haus haben würden. Auf den Hinweis einer Fraktion, dass die Ausstellung mit dem Wohnhaus verbunden sein solle,

"erläuterte Prof. Spital-Frenking, dass nur kleinere Gruppen bei genügend anwesendem Personal bzw. nach Anmeldung das Wohnhaus betreten könnten, da dieses sehr wertvoll sei und viel Sorgsamkeit benötige. Die Führungen könnten auch zu festen Zeiten, beispielsweise an den Wochenenden angeboten werden."

Daher ergaben sich für ihn deutliche Einschränkungen:

"Da das Böckstiegel-Haus sehr empfindlich sei, sollten dort nur angemeldete Führungen ermöglicht werden, für die eine weitere Arbeitskraft hinzugezogen werden müsse."

Es zeugt daher nicht von besonderer Sachkenntnis, wenn heute gelegentlich die unmittelbare Nähe des Museums zum Böckstiegel-Haus mit dem Argument verteidigt wird, dadurch ließen sich Personalkosten einsparen.

Nicht zuletzt die Kostenfrage spricht deutlich für eine räumliche Entkoppelung von Museum und Böckstiegel-Haus. Die öffentliche Präsentation in einem Museum unterliegt der Maxime, eine möglichst große Besucherzahl und damit auch möglichst hohe Einnahmen durch Eintrittsgeldern zu erzielen. Diese Ziele lassen sich in Arrode nicht realisieren. Wenn sie aber durch eine günstigere Lage des Museums erreicht werden, dann ist auch die Personalkostenfrage gelöst, zumal man dann im Böckstiegel-Haus eigene Eintrittsgelder erheben und die Führung von ehrenamtlich tätigen Bürgern bestritten werden kann.

 

V. Es fehlt die für den Standort eines Museums unabdingbare Infrastruktur (Straßen, Parkplätze, ÖPNV, Gastronomie).

"Kernaufgabe der Stiftung war und ist nach dem mit den Geschwistern Böckstiegel geschlossenen Erbvertrag die Bewahrung und angemessene Präsentation des künstlerischen Lebenswerkes von Peter August Böckstiegel." (Erläuterung der Beschlussvorlage des Landrats vom 15.11.2013)

Eine öffentliche Präsentation stellt bestimmte Anforderungen an Lage und Umfeld des Museums. Dies gilt umso mehr, wenn der Künstler nicht schon so bekannt ist, dass das Museum mögliche Besucher wie ein Magnet anzieht. Um die Werke von Emil Nolde zu sehen, wird man auch bis nach Seebühl fahren. Hier ist die öffentliche Präsentation gewissermaßen ein Selbstläufer. Im Falle von PAB dagegen bedarf es eines aktiven Managements, um zunächst überhaupt mehr Aufmerksamkeit auf ihn und sein Werk zu lenken. Dafür ist die Lage beim Böckstiegel-Haus in mehrfacher Hinsicht denkbar ungünstig. Es fehlt jede Infrastruktur, in die das Museum eingebettet wäre. Es ist weder leicht zugänglich, noch drängt es sich der öffentlichen Aufmerksamkeit auf, noch gibt es in seiner Umgebung auch nur ein Mindestmaß an gastronomischem Angebot.

Verkehrstechnische Erschließung:

Das Böckstiegel-Haus liegt gut 2 km außerhalb des Ortskerns von Werther. Es ist daher für kaum einen Bürger von Werther, geschweige denn für auswärtige Besucher fußläufig zu erreichen. Es gibt jedoch keinen Öffentlichen Personennahverkehr, um Arrode oder gar das Böckstiegel-Haus zu erreichen. Potentielle Besucher sind daher zu 100 Prozent auf private PKWs oder auf eigens gecharterte Busse angewiesen. Kinder und Jugendliche, die an museumspädagogischen Aktivitäten teilnehmen wollen, müssen zwangsläufig von ihren Eltern mit deren PKW hingebracht und wieder abgeholt werden.

Diese PKWs oder Busse müssen das Böckstiegel-Haus über die gemeindeeigene Schlosstrasse anfahren. Diese Straße ist eng und kurvenreich. Sie verfügt außerhalb des Stadtgebietes weder über einen Fuß-, noch einen Radweg. Außerdem sind ihre Bankette größtenteils unbefestigt. Busse werden sich an den meisten Stellen nicht begegnen dürfen.

Die meisten Fahrzeuge werden das Böckstiegel-Haus von Westen aus ansteuern. Zu diesem Zweck müssen sie den engen Ortskern von Werther passieren und eine Geschäftsstraße durchfahren, in der die Höchstgeschwindigkeit auf 20 bzw. 30km/h reduziert ist. Es gibt dort mehrere Engpässe, an denen kein Begegnungsverkehr möglich ist. Das gilt auch für das westliche Ende der Schlossstrasse selbst, wo zahlreiche parkende Autos der Anlieger schon heute dazu nötigen, zunächst den Gegenverkehr vorbei zu lassen.

Es ist davon auszugehen, dass ortsfremde Besucher diese misslichen Verkehrsbedingungen mit Befremden registrieren. Ausgesprochenen Unwillen aber wird die voraussichtliche Mehrbelastung der Schlossstrasse und der innerörtlichen Straßen bei den Anliegern und den Kunden der dortigen Geschäfte und Betriebe hervorrufen.

In der Beschlussvorlage des Landrats vom 15.11.2013 wird die Verantwortung für die verkehrliche Erschließung des geplanten Museums ausschließlich bei der Stadt Werther gesehen. Es heißt dort:

"Voraussetzung für die Unterstützung des Kreises Gütersloh ist, dass die Stadt Werther (Westf.) das Vorhaben dadurch unterstützt, dass sie für eine ausreichende verkehrliche Erschließung des Museums, insbesondere für die Schaffung erforderlicher zusätzlicher Parkplätze sorgt und die damit verbundenen Kosten trägt."

Das ist keine Anregung oder nur ein Wunsch des Kreises, sondern eine kategorische Bedingung, mit deren Erfüllung das ganze Vorhaben steht und fällt. An anderer Stelle schlägt der Landrat vor, "die eigene Förderung von einer entsprechenden Zusage der Stadt Werther (Westf.) abhängig zu machen."

Konkret werden in dieser Bedingung zwar nur die zusätzlichen Parkplätze genannt. Grundsätzlich aber kann mit dieser Auflage die Stadt Werther, wenn sie ihr denn zustimmen sollte, zukünftig verpflichtet werden, jede denkbare Behinderung der verkehrlichen Erschließung zu beseitigen. Das kann bis zu der Forderung gehen, eine völlig neue Zufahrt zum Museum beim Böckstiegel-Haus von der Bielefelder Straße her anzulegen.

Über die Lage der zukünftigen Parkplätze macht die aktuelle Kreisvorlage keine Aussagen. Der Gutachter Prof. Spital-Frenking hatte seinerzeit vorgeschlagen, den Parkplatz auf der dem Böckstiegel-Haus gegenüberliegenden Seite der Schlossstrasse anzulegen und dadurch zu vermeiden, dass die Menge der parkenden Autos den Anblick des Böckstiegel-Hauses stört. Das würde voraussetzen, dass von der Stadt Werther zunächst der erforderliche Grunderwerb getätigt wird.

Völlig offen ist derzeit, welche Kosten durch den Grunderwerb für den Parkplatz, die Anlage des Parkplatzes, den Unterhalt der dann stark strapazierten Schlossstraße und weitere Maßnahmen zur ausreichenden verkehrlichen Erschließung in den nächsten Jahren auf die Stadt Werther zukommen werden.

Blickfang

Auf der Schlossstraße fließt keinerlei Durchgangsverkehr. Sie wird außer von den Besuchern des Böckstiegel-Hauses nur von den Anliegern genutzt. Es ist daher völlig auszuschließen, dass auch nur ein aus anderen Gründen passierender PKW-Fahrer zufällig auf das geplante Museum aufmerksam werden könnte. Es wird niemals in das Blickfeld von Menschen treten, die es nicht ohnehin kennen oder gezielt nach ihm suchen.

Gastronomie

Die abgeschiedene und schlecht erreichbare Lage des Museums wird zur Folge haben, dass im dort geplanten Café ausschließlich Museumsbesucher einkehren. Die dadurch erzielten Umsätze werden nicht reichen, um eigenes Personal für das Café einzustellen. Eine Bewirtung der Museumsbesucher kann daher nur notdürftig und von Fall zu Fall durch den oder die Angestellten der Stiftung erfolgen, die ansonsten mit dem Kassieren der Eintrittgelder, mit Führungen, mit der Aufsicht und mit kustodialen Funktionen betraut sind.

Dies wird um so unangenehmer auffallen, als im fußläufigen Umkreis des geplanten Museums keinerlei Cafés, Gaststätten oder Restaurants, geschweige denn Beherbergungsbetriebe existieren. Wer nach einem Museumsbesuch einkehren möchte, wird zwangsläufig wieder sein Auto besteigen und mindestens in das Zentrum von Werther fahren müssen.

Auf dem Museum wird daher eine Aura der Abwehr und der Ungastlichkeit liegen, so dass seine Besucher sich dort nicht willkommen geheißen fühlen können. Das wird niemanden dazu animieren, eher beiläufig noch einmal den Weg dorthin zu suchen. Es bedarf dazu schon der gezielten Entscheidung, sich mit dem Werk von Böckstiegel zu beschäftigen. Alle anderen Motive entfallen, über die die Aufmerksamkeit von Gästen schrittweise auf Böckstiegel gelenkt werden könnte.

 

VI. Die bisherige Planung des Museums läuft an der Bevölkerung von Werther vorbei und riskiert daher ihr Scheitern.

Am 29.11.2007 beschloss der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Werther anlässlich der Gründung einer PAB-Stiftung durch den Kreis Gütersloh:

"Die Stadt Werther als „Böckstiegel-Stadt" … erklärt   … ihre Bereitschaft, sich bei den weiteren Planungs- und Realisierungsschritten einerseits im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, andererseits aber auch durch ideelle Hilfen zu beteiligen bzw. einzubringen.“

Am 17.11.2008 beschloss der Rat der Stadt Werther, im laufenden Haushaltsjahr 200.000 € und in den drei Folgejahren jeweils 100.000 €, also insgesamt 500.000 € der Böckstiegel-Stiftung zur Verfügung zu stellen. In einem weiteren Beschluss verband sie mit dieser Zahlung

"die Erwartung, dass das national und auch international anerkannte Lebenswerk des Wertheraner Malers und Bildhauers Peter-August Böckstiegel insbesondere in seiner Heimatstadt Werther (Westf.) einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird."

Seitdem sind mehr als fünf Jahre vergangen, ohne dass seitens der Stadt Werther über die Zahlungen an die Stiftung hinaus irgendwelche Schritte unternommen worden sind, um diese Zusagen und Erwartungen einzulösen. Man hat auch nicht gehört, dass die Bürgermeisterin darüber berichtet hätte, welche Schritte sie als Mitglied des Kuratoriums unternommen hat, oder sich gar mit dem Rat bzw. mit dem zuständigen Ausschuss darüber abgestimmt hätte. Die Thematik rückte erst wieder in das Blickfeld der Öffentlichkeit, nachdem in jüngster Zeit die Bürgerinitiative Blotenberg e.V., der Architekt H. M. Bruns und einige engagierte Bürger tätig geworden waren.

Werther schmückt sich daher zwar seit Jahrzehnten mit dem Namen des Künstlers. Es ist jedoch bislang völlig unklar geblieben, wie das Verhältnis der Stadt und insbesondere ihrer Einwohner zu PAB inhaltlich gefüllt werden kann. Daran haben auch einzelne Aktivitäten des Heimat- und Kulturvereins Werther bislang nichts ändern können.

Stiftung und Kreis haben die jüngsten Aktivitäten aus der Bürgerschaft von Werther keineswegs zum Anlass genommen, um mit ihren Urhebern ins Gespräch zu kommen und sie in ihre Planung einzubinden. Sie sind darüber nur im höchsten Maße beunruhigt und versuchen nunmehr, durch eine Vorlage im Kulturausschuss des Kreises der aufkeimenden Diskussion das Wasser abzugraben und wieder Ruhe einkehren zu lassen. So wie der museale Ergänzungsbau abseits von Werther in der offenen Landschaft errichtet werden soll, so wird an der Bevölkerung von Werther vorbei geplant.

Ein Museum ist jedoch zum Scheitern verurteilt, wenn es nicht von Anfang an von einer interessierten und engagierten Bürgerschaft getragen wird. Es wird nur mit Leben erfüllt, wenn die Bevölkerung sich mit ihm identifizieren kann und es auch als ihr eigenes Anliegen und Werk versteht. Über die bloße Präsentation von Kunstwerken hinaus muss es durch Workshops, museumspädagogische Angebote, flankierende Veranstaltungen wie Vorträge, Konzerte und Diskussionsrunden ein Ort sein, der die kulturellen Bedürfnissen und Interessen der Einwohner aufnimmt und mitnimmt. Eine solche Rolle wird ein Museum niemals ausfüllen können, wenn es zunächst ohne Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger geplant und errichtet worden ist. Auch das für ein Museum dieser Größenordnung unerlässliche ehrenamtliche Engagement kann man nicht erst im nachhinein mobilisieren, sondern es entsteht nur, wenn die Bürger das Museum von vorn herein als ihre Sache betrachten und sein Zustandekommen engagiert begleiten.

Man hat bei den bisherigen Aktivitäten des Kreises und der Stiftung nicht den Eindruck, dass ihnen dieses ein Anliegen ist. Solange sich bürgerschaftliches Engagement nicht aufs Applaudieren beschränkt, scheint es ihnen nur ein Störfaktor zu sein, der nach Möglichkeit auszuschalten und zu umgehen ist. Da keimt der Verdacht auf, dass ein kleiner elitärer Kreis von Liebhabern der Werke PAB’s sich in der Abgeschiedenheit von Arrode ein Museum errichten will, ohne die "gewöhnliche" Bevölkerung dabei haben zu wollen.

Auch die Verwaltung und der Rat der Stadt Werther haben bisher nichts unternommen, um ihren Bürgerinnen und Bürgern plausibel zu machen, warum die Stadt eigentlich seit dem Jahr 2008 insgesamt eine halbe Million aus deren Steuergeldern in die Stiftung eingezahlt hat. Erst angesichts der wachsenden, vor allem in einigen Leserbriefen sich artikulierenden Unruhe in der Bevölkerung hat man sich im Rathaus dazu bequemt, am 10. Dezember eine unverbindliche Informationsveranstaltung durchzuführen. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass das nicht der Auftakt zu einem breiten Diskussionsprozess in der Bevölkerung sein wird, sondern als Alibi dafür herhalten muss, dass der Kreistag am 16. Dezember die Pläne absegnet, damit anschließend wieder hinter verschlossenen Türen geplant oder – wahrscheinlicher! – die Dinge weiter untätig hinausgeschoben werden können.

Gewiss liegt die Zuständigkeit für die Errichtung des Museums nicht in Werther, sondern in Gütersloh, so dass die Gremien in Werther darüber nicht entscheiden können. Das entbindet den Rat von Werther aber nicht aus der Verantwortung für das, was in Werther und mit Wertheraner Geld geschieht. Diese Verantwortung hat Werther wahrzunehmen, auch auf die Gefahr hin, dass die Stadt im Kreis und die Bürgermeisterin im Kuratorium schief angesehen werden.

Wenn das geplante Museum von der Bevölkerung von Werther und dadurch auch der umliegenden Gemeinden als „ihr“ Museum angenommen werden soll, dann bedarf es zunächst seiner Verankerung in einem kulturpolitischen Gesamtkonzept der Stadt. Es müsste ein Ort und krönender Abschluss eher alltäglicher kultureller Aktivitäten sein, die von Vereinen, Schulen, Parteien, Initiativen u.a. ausgehen. Erst von einer solchen breiten Basis aus kann man erfolgversprechend das anspruchsvolle Vorhaben in Angriff nehmen, heute noch ein neues Museum errichten zu wollen.

Unter diesen Bedingungen erscheint es als eine leere "Drohkulisse", wenn davor gewarnt wird, dass die Unruhe in der Bevölkerung von Werther dazu führen könnte, dass das Museum schließlich an einem anderen Ort im Kreis errichtet wird. (Bekommt Werther dann seine in die Stiftung eingebrachten 500.000 € zurück?) Denn auch dort würde ohne jede Verankerung in der Bevölkerung das Museum hilflos im luftleeren Raum baumeln. Und dort hätte man nicht den Anknüpfungspunkt eines in der Landschaft verwurzelten Künstlers, auch wenn dieser Anknüpfungspunkt in Werther bislang noch nicht einmal ansatzweise aufgegriffen worden ist.

 

VII. Ein Museum in der Abgeschiedenheit von Arrode wird nicht die hohen Besucherzahlen erreichen, die aus wirtschaftlichen Gründen unerlässlich sind.

Der Landrat empfiehlt dem Kreistag in seiner Beschlussvorlage vom 15.11.2013:

"Der Kreis Gütersloh bezuschusst der Stiftung die mit dem Betrieb des Ergänzungsbaus zusätzlich entstehenden Betriebskosten in Höhe eines Betrages von insgesamt 125.000 € pro Jahr. Hierin enthalten sind u.a. auch Personalkosten für eine kaufmännische Leitung im Umfang von bis zu einer halben Stelle."

So erfreulich dieser jährliche Zuschuss des Kreises auch ist, so unterstreicht er in seiner knappen Bemessung aber auch die Selbstverständlichkeit, dass das Museum nicht unwesentlich darauf angewiesen sein wird, hohe Besucherzahlen zu erreichen, um mit den Eintrittsgeldern einen erheblichen Teil seines Haushalts zu bestreiten. Geht man von den projektierten jährlichen 20.000 Besuchern und einem durchschnittlichen Eintrittsgeld von 5 € aus, so würde dadurch der jährliche Haushalt um 100.000 € aufgestockt, also der Zuschuss des Kreises knapp verdoppelt.

Dies macht deutlich, dass die Besucherzahlen eine kritische Größe bilden, die ausschlaggebend für die langfristige Existenz des Museums sind. Die Planung eines Böckstiegel-Museums sollte daher von Anfang die Frage in den Mittelpunkt stellen, welche Faktoren das Risiko bergen, dass die angestrebte Besucherzahl nicht erreicht wird, und welche anderen Faktoren dazu beitragen können, sie deutlich über die Sollgröße von 20.000 pro Jahr zu steigern.

Dabei wird man in Rechnung stellen müssen, dass die Besucherzahlen keine statische, sondern eine dynamische Größe sind. Sinkende Besucherzahlen verringern die Chance, dass Maßnahmen ergriffen werden können, die sie wieder ansteigen lassen würden. Und über der Sollgröße liegende Besucherzahlen verbessern die Möglichkeit, durch attraktive Aktionen erneut zum Besuch einzuladen.

Außerdem entwickeln schon von sich aus sowohl niedrige, als auch hohe Besucherzahlen einen Mitnahmeeffekt. Einerseits spricht sich herum, ob "man" dort etwas verpassen würde, anderseits fühlt der Besucher sich durch die Zahl anderer Besucher in seinen Motiven bestätigt oder infragegestellt.

In den vorangehenden Kapiteln sind etliche Faktoren beschrieben worden, durch die der Besuch eines Museums in Arrode einen erheblichen Schwellenwert hat. Um diese Schwellen zu überwinden, bedarf es besonders entschlossener Besucher. Diese Entschlossenheit wird man erklärten Liebhabern der Werke von PAB nicht absprechen müssen. Sie könnten in dem hohen Schwellenwert sogar ein Markenzeichen ihres Protagonisten sehen. Aber ihre Zahl wird für die angepeilten Besucherzahlen nicht ausreichen. Es müssten daher besondere Anstrengungen unternommen werden, um ein weiteres Besucherpotential zu erschließen.

Schon Prof. Spital-Frenking hatte 2007 darauf hingewiesen,

"dass Veränderungen in den Ausstellungskonzepten z. B. durch besondere Aktionen oder Wechselausstellungen notwendig seien, um dauerhaft Besucher anzulocken."

Das Museum wird sich daher nicht auf die Ausstellung der Werke Böckstiegels beschränken dürfen. Vielmehr kommt es darauf an, andere Künstler, Museen und Archive zu gewinnen, die ihre Werke befristet an das Böckstiegel-Museum für Wechselausstellungen ausleihen. Diese aber werden wiederum fragen, ob eine Präsentation in Arrode ihren Werken überhaupt die unerlässliche Aufmerksamkeit verschaffen kann.

Es ist daher zu befürchten, dass sich ein neues Museum beim Böckstiegel-Haus nach anfänglich noch hohem Interesse bald in einer Abwärtsspirale befinden wird, die schließlich dazu führen könnte, dass das Museum mit ehrenamtlichen Kräften betrieben werden muss und nur noch stundenweise geöffnet sein kann. Eine solche Entwicklung dürfte dann auch beim Kreis die Frage aufwerfen, ob man die oben zitierte Zusage, die Betriebskosten zu bezuschussen, über die Jahre aufrecht erhalten kann.

 

VIII. Der Hof Overbeck ist die bessere Alternative.

Vom Architekten Heinrich Martin Bruns, einigen engagierten Bürgern und der Bürgerinitiative Blotenberg e.V. ist in den letzten Monaten der Vorschlag gemacht worden, das geplante Böckstiegel-Museum im Hof Overbeck einzurichten. Diese Alternative vermeidet die Nachteile, die ein Museumsbau in der Nähe des Böckstiegel-Hauses hat. Im einzelnen sprechen dafür folgende Argumente.

1.    Im Hof Overbeck steht annähernd dieselbe Fläche zur Verfügung, die das geplante Museum haben soll. Für das Museum plant die Beschlussvorlage des Kreise eine Bruttogeschossfläche von 620 m2. Der Hof Overbeck umfasst zur ebenen Erde im Wirtschaftsteil 316 m2 und im Wohntrakt 181 m2, also insgesamt runde 500 m2. Da im Wohntrakt zwei Obergeschosse ausgebaut werden können, lässt sich die Fläche bei Bedarf auf über 700 m2 erweitern. Gegebenfalls ständen noch weitere Flächen über der Deele zur Verfügung. Im Gegensatz zu einem neu zu errichtenden Museum können diese Flächen schrittweise über Jahre verteilt nutzbar gemacht werden.

2.    Der Hof Overbeck ist verkehrsmäßig voll erschlossen. Es müssen keine neuen Straßen und Parkplätze angelegt werden. Der Busbahnhof von Werther (mit Verbindung zum Hbf Bielefeld im Zwanzig-Minuten-Takt) liegt ihm nur 200 m entfernt direkt gegenüber. Besucher aus dem Stadtzentrum von Werther können den Hof Overbeck fußläufig erreichen.

3.    Mit der Anlage des Museums im Hof Overbeck entfällt die Anfahrt von Besuchern nach Arrode durch die Innenstadt von Werther und die enge Schlossstraße und damit eine erhebliche Belastung für die Bewohner von Werther.

4.    Der Hof Overbeck liegt im Blickfeld der täglich von rund 14.000 PKWs befahrenen Bielefelder Straße (L 785), so dass er auch für Menschen ins Auge fällt, die nicht gezielt nach ihm suchen. Dieser Blickfang ist besser als jede Werbung.

5.    Vom Hof Overbeck können die gastronomischen und Beherbergungsbetriebe in der Innenstadt von Werther fußläufig erreicht werden.

6.    Ein Café beim Hof Overbeck würde auch von den Einwohnern Werthers und von den Insassen vorbeifahrender PKWs angenommen und wäre daher wirtschaftlich zu betreiben.

7.    Bei der Einrichtung eines Museums im Hof Overbeck könnte die „authentische Umgebung“ des Böckstiegel-Hauses unverändert erhalten werden. Sie wäre ein zusätzlicher touristischer Anziehungspunkt. Besucher des Museums könnten eingeladen werden, sie vom Museum aus fußläufig zu erkunden, um dadurch mit der Landschaft vertraut zu werden, die sie auf den Bildern Böckstiegels erkannt hatten.

8.    Der früher landwirtschaftlich betriebene Hof Overbeck würde den Motiven aus dem bäuerlichen Leben in den Werken von Böckstiegel im Gegensatz zu einem Neubau einen angemessenen Rahmen verschaffen.

9.    Im Hof Overbeck könnten sich ein breites museumspädagogisches Angebot und weitere kulturpolitische Aktivitäten entfalten, da er fußläufig oder von nahen Parkplätzen zu erreichen ist. Dies würde das Museum bei den Bewohnern von Werther verankern und es mit einer lebendiger Atmosphäre erfüllen.

10. Im Hof Overbeck könnten flankierende Veranstaltungen wie Konzerte, Vorträge, Konferenzen (z.B. der Universität Bielefeld), Hochzeiten etc. stattfinden und eine weitere Einnahmequelle für den Etat des Museums bilden.

11. Die Lage des Hofes Overbeck bietet den Werken von Böckstiegel die Möglichkeit einer breit angelegten öffentlichen Präsentation. Die dadurch erreichbare hohe Besucherzahl eröffnet zusammen mit den Einnahmen aus den unter 9. und 10. genannten Aktivitäten am ehesten die Chance, dass der Betrieb des Museums nicht ausschließlich auf öffentliche Mittel angewiesen bleibt.

12. Die Nutzung und energetische Aufrüstung eines bestehenden Gebäudes wird dem Klimaschutzkonzept der Stadt Werther besser gerecht als die Errichtung eines neuen Gebäudes und die damit verbundene Oberflächenversiegelung einer bisher naturbelassenen Fläche.

 

 

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